Sexueller Missbrauch/ Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen
Sexualisierte Gewalt, oder auch sexueller Missbrauch, an Kindern und Jugendlichen ist jede sexuelle Handlung die, an und vor Kindern und Jugendlichen gegen deren Willen vorge-nommen wird. Darunter ist auch gemeint, wenn Kinder und Jugendliche aufgrund ihrer körperlichen, seelischen, kognitiven oder sprachlichen Unterlegenheit den Täter:innen nicht frei und wissent-lich zustimmen können. Diese Handlungen sind immer als Gewalt zu verstehen, auch wenn Kinder damit einverstanden wären. Grundsätzlich gilt, dass Kinder unter 14 Jahren nicht zustim-mungsfähig sind. Sexualisierte Gewalt ist eine schwere Menschen-rechtsverletzung und geht oft einher mit körperlicher und psy-chischer Gewalt.
Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendliche ist immer ein Machtmissbrauch – Täter:innen nutzen ihre Autoritäts- und Machtposition aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des Kindes bzw. des Jugendlichen zu befriedigen.
Wir benutzen den Begriff „sexualisierte Gewalt“ und nicht „sexuelle Gewalt“ oder „sexueller Missbrauch“.
Zum einen, weil es sich hierbei um eine extreme Form der Ausübung und Demonstration von Macht und Gewalt und nicht um Sexualität handelt .
Zum anderen nutzen wir nicht den Begriff „sexueller Missbrauch“, weil wir meinen, dass es keinen richtigen/ angemessen „Gebrauch“ von Kindern/ Jugendlichen geben könnte. Wir erkennen aber an, dass Betroffene aus unterschiedlichen Gründen diese Begriffe für ihre Erlebnisse wählen.
Das Video wird mit freundlicher Genehmigung von Violetta Hannover zur Verfügung gestellt.
Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist kein Randphänomen – es passiert in allen sozialen Schichten und in alltäglichen Situationen zu jeder Zeit. Besonders oft erleben Kinder und Jugendliche sexualisierte Gewalt im sozialen Nahfeld.
Laut der neuesten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2021– welche das Hellfeld beleuchtet – ist die der erfassten Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr (2020) angestiegen (von 14.594 auf 15.507 Fälle).
Verzeichnetete Fälle 2021 in Deutschland
Wir benutzen den Begriff „Abbildung sexualisierter Gewalt an Kindern/ Jugendlichen“, weil der Begriff „Kinderpornografie“ verharmlosend und ungenau ist.
Darüber hinaus gibt es keine Sexualität mit Kindern, sondern diese Handlungen stellen immer eine schwere Form der sexualisierten Gewalt dar.
Darüber hinaus, verzeichnet die neueste PKS im Zusammenhang mit der Herstellung, dem Besitz und der Verbreitung von Abbildungen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen (sogenanntes „kinderpornografisches“ Material) eine starke Steigerung der erfassten Fälle um fast 88 Prozent (von rund 26.739 auf rund 50.206 Fälle).
Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der nicht registrierten Fälle (das Dunkelfeld) deutlich höher ist:
Forscher:innen, spezialisierte Fachberatungsstellen und der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der deutschen Bundesregierung gehen davon aus, das 1-2 Schüler:innen in jeder Schulklasse von sexualisierter Gewalt betroffen sind/ waren.
Zudem wird angenommen, dass etwa jede 7. bis 8. Erwachsene Person in Deutschland sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend erlitten hat.
Was wird unter sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen verstanden?
Es wird unterschieden zwischen sexualisierter Gewalt durch Er-wachsene bzw. deutlich ältere Personen oder durch Kinder/ Jugend-liche.
Sexuelle Grenzverletzungen unter Kindern/ Jugendlichen werden unabsichtlich verübt. Sexuelle Gewalt kann auch durch Kinder und Jugendliche ausgeübt werden. Um einen möglichst differenzierten Blick auf diese Handlungen zu werfen, müssen auch nicht-schädigende sexuelle Aktivitäten hiervon unterschieden werden.
Auf der rechten Seite folgt eine Auflistung von Formen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen, die durch Erwachsene oder deutlich ältere Personen ausgeübt werden.
Trigger-Warnung! (Es folgen explizite Benennungen)
- Sexuellen Übergriffe, wie: verbale Belästigung, voyeuristisches Taxieren des kindlichen Körpers oder gezielte flüchtige Berührungen des Genitalbereichs oder der Brust.
- Unfreiwillige sexualisierte Anbahnung im Internet (Cybergrooming).
- Online: pornografische Aufnahmen (u.a. Videos, durch Webcams, aber auch exhibitionistische „Selfies“ an Kinder und Jugendlich versenden oder sie dazu bewegen, solche Aufnahmen von sich selbst zu machen und zu versenden.)
- Offline: Kindern und Jugendlichen pornografische Aufnahmen zeigen (u.a. Videos, durch Webcams) oder sie dazu bewegen, bei solchen Aufnahmen mitzumachen.
- Sich vor einem Kind entblößen (exhibitionieren).
- Sexuelle Handlungen an sich selbst vornehmen, im Beisein eines Kindes.
- Kinder und Jugendliche dazu bewegen sexuelle Handlungen an erwachsenen Personen, sich selbst oder anderen Kindern vorzunehmen.
- Sexuelle Handlungen jeglicher Art am Körper von Kindern vorzunehmen.
- Kinder und Jugendliche bedrohen, falls sie bei sexuellen Handlungen nicht mitwirken möchten.
Info-Box zur Strafbarkeit
Sexueller Missbrauch/ Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen gehört zu den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, geregelt in den Paragraphen 174 ff Strafgesetzbuch.
Insbesondere kommen hier:
- der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen gemäß § 174 StGB
- sexueller Missbrauch von Kindern nach § 176 StGB
- schwerer sexueller Missbrauch von Kindern gemäß § 176 a StGB
- oder gar sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge nach § 176 b StGB in Betracht.
Weiterhin nehmen die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger nach § 180 StGB und der sexuelle Missbrauch von Jugendlichen gemäß § 182 StGB eigene Straftatbestände ein.
Die Herstellung, die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz von Abbildungen sexualisierter Gewalt an Kindern- und Jugendlichen, sogenannte „kinderpornographische Schriften“ oder „jugendpornographische Schriften“, sind nach § 184 b und § 184 c StGB strafbar. Unter dem Begriff Schriften im Sinne des Strafgesetzbuches sind nach § 11 Absatz 3 StGB auch Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen zu verstehen.